Für die katholische Kirche sind Ehen unauflöslich - allerdings nur solche, die zwischen Getauften gültig geschlossen und vollzogen wurden. Was bedeutet das? Wenn z. B. ein Katholik, dessen erste Ehe gescheitert ist, erneut heiraten möchte, oder wenn ein geschiedener Nichtkatholik in zweiter Ehe einen Katholiken heiraten möchte, dann steht dem zunächst die jeweils erste Ehe entgegen. Das ist dann aber nicht der Fall, wenn...
Eine Ehe ist dann ungültig geschlossen, wenn...
In all diesen Fällen kann eine Ehe für nichtig erklärt / aufgelöst werden.
Für Ehen mit einem ungetauften Partner ist letztlich der Papst persönlich zuständig, da er in jenen Fällen unter gewissen Voraussetzungen die Auflösung der Ehe gewährt und zwar als Gnadenakt, d. h. es gibt keinen Rechtsanspruch darauf. Solche Ehen sind damit auch keine nichtigen, sondern auflösbare Ehen. Untersuchungen in diesen Fällen werden zunächst von den örtlich zuständigen bischöflichen Behörden durchgeführt und dann nach Rom weitergeleitet.
Dies gilt auch bei den Ehen, deren Nichtvollzug behauptet wird.
In den Fällen behaupteter Nichtigkeit von Ehen dagegen werden die Untersuchungen vor Ort durchgeführt und auch vor Ort Urteile gesprochen. Für Formfehler sind vereinfachte Verfahren vorgesehen. In den übrigen Fällen kommt es zu einem regelrechten Ehenichtigkeitsverfahren.
Auf wen oben Gesagtes zutrifft, der kann sich an das für ihn zuständige kirchliche Gericht, das sogenannte (Erz-)Bischöfliche Offizialat (teils auch "Konsistorium" genannt), wenden, das es in der Regel in jeder (Erz-)Diözese gibt (z. T. auch ein Offizialat für mehrere Diözesen). Dort wird ihm/ihr im allgemeinen zunächst ein Beratungsgespräch angeboten werden, in dem Einzelheiten über die Ehe besprochen und Erfolgschancen eines Verfahrens erörtert werden. Stellt jemand dann den Antrag für ein Nichtigkeitsverfahren, soll er/sie mindestens zwei Zeugen (= beliebige Verwandte, Bekannte, etc., die etwas vom Sachverhalt mitbekommen haben) und gegebenenfalls auch anderes Beweismaterial anbieten. Der Antrag ist zu begründen, das heißt es ist ein Grund für die behauptete Nichtigkeit zu nennen. Welches sind diese Nichtigkeitsgründe?
Selbstverständlich ist zu jedem dieser Punkte einiges zu beachten, das hier jedoch im Moment nicht näher ausgeführt werden kann.
Ein Verfahren kann theoretisch unabhängig von einem staatlichen Scheidungsverfahren durchgeführt werden, wird aber meist nur nach bereits ausgesprochener staatlicher Scheidung durchgeführt. Wenn ein Verfahren zur Verhandlung angenommen ist, werden die beiden ehemaligen Ehepartner sowie die benannten Zeugen jeweils einzeln zur Sache befragt. Das bedeutet, dass es zu keiner Konfrontation zwischen ehemaligen, eventuell zerstrittenen Partnern kommt, dass niemand vor einem großen Gerichtsgremium aussagen muss, dass die Intimsphäre gewahrt bleibt. Andererseits ist es zwingend, auch den Ehepartner, der nicht den Antrag gestellt hat, am Verfahren zu beteiligen, damit er/sie die Möglichkeit hat, die Geschehnisse aus seiner/ihrer Sicht darzustellen. Weigert er/sie sich teilzunehmen, kann das den Fortgang des Verfahrens aber nicht aufhalten; es wird dann ohne Aussage des anderen Ehepartners durchgeführt.
Alle Aussagen werden schriftlich festgehalten, gesammelt und dem sogenannten Ehebandverteidiger übergeben, der von der Kirche bestellt ist und das anzugeben hat, was seiner Meinung nach im konkreten Fall für eine Gültigkeit der Ehe spricht. Dazu können beide ehemaligen Partner Stellung nehmen. In Fällen psychisch bedingter Eheunfähigkeit wird ein psychologischer oder psychiatrischer Fachgutachter beigezogen, der gewöhnlich anhand der Aktenlage, selten auch aufgrund eines Explorationsgesprächs ein Gutachten fertigt. Die ganze Akte erhalten nun drei Richter, die sich zunächst jeweils alleine ein Urteil bilden. Danach kommen sie zusammen, diskutieren den Fall und entscheiden mit Mehrheit. Wenn sie die Nichtigkeit der Ehe nicht feststellen, kann dagegen Berufung eingelegt werden. Dann ist entscheidend, ob insgesamt zwei Instanzen die Nichtigkeit der Ehe feststellen oder nicht. Ohne eine in erster Instanz eingelegte Berufung gilt das Urteil dieser Instanz.
In Deutschland kosten Ehenichtigkeitsverfahren in der ersten Instanz normalerweise 200 Euro, in der zweiten Instanz 100 Euro. Nur derjenige, der einen Antrag stellt, hat Gebühren zu zahlen. Bei bedürftigen Antragstellern kann die Gebühr ermäßigt oder erlassen werden. Ein Anwaltszwang besteht nicht, doch kann sich jeder einen kirchlich zugelassenen Anwalt nehmen, dessen Honorare er dann freilich zahlen muss. Allerdings leben kirchlich zugelassene Anwälte normalerweise nicht von Vertretungen in Ehenichtigkeitsverfahren, so dass sie über ihre Gebühren mit sich verhandeln lassen. Das gegebenenfalls nötige psychologische oder psychiatrische Fachgutachten muss ebenfalls vom Antragsteller bezahlt werden. Bei Bedürftigkeit sind auch hiervon Ausnahmen möglich. Fazit: Dank der Kirchensteuer kann das Verfahren zu einer für jedermann erschwinglichen Gebühr angeboten werden. In anderen Ländern ohne Kirchensteuer, wie z. B. Italien, sieht dies ganz anders aus.
Bei nachgewiesener Nichtigkeit der Ehe kann man wieder katholisch-kirchlich heiraten. Man kann auch Gewissenskonflikte bewältigen, die entstehen können, wenn eine Ehe nur staatlich geschieden ist. Zudem bietet das Verfahren die Chance, das Geschehene im persönlichen Gespräch mit den Gerichtsmitarbeitern aufzuarbeiten. Viele Betroffene erleben das Verfahren psychisch als zwar zunächst belastend, letztlich aber helfend und befreiend.
Mit den kirchlichen Nichtigkeitsverfahren sollen zwei Dinge nicht erreicht werden: Erstens soll die Unauflöslichkeit der gültigen Ehe nicht angetastet werden. Zweitens soll die Zeit, in der die Partner verheiratet waren und die sicher auch ihre schönen Seiten hatte (jedenfalls in den meisten Ehen), keinesfalls ungeschehen gemacht werden. Das kann auch gar nicht geschehen. Deshalb werden auch Kinder aus einer für nichtig erklärten Ehe auch kirchlich weiterhin als ehelich angesehen. In dieser Hinsicht ist es ebenfalls wichtig, betroffenen Kindern den Sinn des Verfahrens behutsam klar zu machen, um keine Verwirrung zu stiften. Eine gute Hilfe dabei ist eine Handreichung, die ursprünglich von der Erzdiözese Milwaukee/USA erarbeitet worden ist (geeignet etwa für 8-12jährige Kinder). => Download des Textes als PDF
Was die Verfahren hingegen erreichen wollen, ist folgendes: Jeder Mensch hat einen Rechtsanspruch auf Klärung, wie es sich bei seiner Eheschließung tatsächlich verhalten hat - das heißt, ein solches Verfahren versucht nur festzustellen, was ohnehin in Wirklichkeit der Fall war. Eine Ehe ist an sich gültig oder ungültig, je nachdem, wie die Sachlage bei der Eheschließung war, und ganz unabhängig davon, ob ein Nichtigkeitsverfahren geführt wird oder nicht. Eine solche bestehende Nichtigkeit ist höchstens nicht bekannt, falls kein Verfahren geführt wird, das dies eruiert. Durch ein Nichtigkeitsverfahren soll freilich vielen bedrückten Menschen geholfen werden, die sich in einer aussichtslosen Lage sehen, weil sie als bürgerlich wiederverheiratete Personen in der Kirchengemeinde nicht voll angenommen sind und keinen Zutritt zu den Sakramenten haben. Deshalb stellt ein Nichtigkeitsverfahren auch eine Art Pastoral dar. Begleitend wirken Maßnahmen zur besseren Integration von Geschiedenen und wiederverheirateten Geschiedenen in ihre jeweilige Kirchengemeinde, denn natürlich gibt es immer Fälle, in denen aufgrund der menschlichen Begrenztheit keine Nichtigkeit festzustellen ist, weil man aufgrund der Sach- und Beweislage einfach nicht zur nötigen Gewissheit kommen kann oder weil gewisse Details nicht vorgelegen haben.
... können Sie ...
(Erz-)Diözese | Offizialat |
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Deutschland |
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Aachen | Bischöfliches Offizialat, Klosterplatz 6, 52062 Aachen |
Augsburg | Bischöfliches Konsistorium, Fronhof 4, 86152 Augsburg |
Bamberg | Erzbischöfliches Offizialat und Metropolitangericht, Jakobsplatz 5, 96049 Bamberg |
Berlin | Erzbischöfliches Konsistorium, Chausseestraße 128-129, 10115 Berlin |
Dresden-Meißen | Interdiözesanes Offizialat, Hopfengasse 7a, 99084 Erfurt |
Eichstätt | Bischöfliches Offizialat, Leonrodplatz 5, 85072 Eichstätt |
Erfurt | Interdiözesanes Offizialat, Hopfengasse 7a, 99084 Erfurt |
Essen | Erzbischöfliches Offizialat Köln, Außenstelle Essen, Zwölfling 14, 45127 Essen |
Freiburg | Erzbischöfliches Offizialat, Schoferstraße 2, 79098 Freiburg i. Br. |
Fulda | Bischöfliches Offizialat, Paulustor 5, 36037 Fulda |
Görlitz | Interdiözesanes Offizialat, Hopfengasse 7a, 99084 Erfurt |
Hamburg | Bischöfliches Offizialat der Diözesen Hamburg und Osnabrück, Große Domsfreiheit 10a, 49074 Osnabrück |
Hildesheim | Bischöfliches Offizialat, Pfaffenstieg 2, 31134 Hildesheim |
Köln | Erzbischöfliches Offizialat, Kardinal-Frings-Straße 12, 50668 Köln |
Limburg | Bischöfliches Offizialat, Rossmarkt 12, 65549 Limburg |
Magdeburg | Interdiözesanes Offizialat, Hopfengasse 7a, 99084 Erfurt |
Mainz | Bischöfliches Offizialat, Stefansberg 5, 55116 Mainz |
München und Freising | Erzbischöfliches Konsistorium und Metropolitangericht, Rochusstraße 5, 80333 München |
Münster | Bischöfliches Offizialat, Horsteberg 11, 48135 Münster |
Osnabrück | Bischöfliches Offizialat der Diözesen Hamburg und Osnabrück, Große Domsfreiheit 10a, 49074 Osnabrück |
Paderborn | Erzbischöfliches Offizialat, Domplatz 26, 33098 Paderborn |
Passau | Bischöfliches Konsistorium, Residenzplatz 8, 94032 Passau |
Regensburg | Bischöfliches Konsistorium, Unter den Schwibbögen 17, 93047 Regensburg |
Rottenburg-Stuttgart | Bischöfliches Offizialat, Marktplatz 11, 72108 Rottenburg a. N. |
Speyer | Bischöfliches Offizialat, Domplatz 3, 67346 Speyer |
Trier | Bischöfliches Offizialat, Hinter dem Dom 1, 54290 Trier |
Würzburg | Bischöfliches Offizialat, Domerschulstraße 2, 97070 Würzburg |
Österreich |
|
Eisenstadt | Bischöfliches Diözesangericht, St.-Rochusstraße 20, 7000 Eisenstadt |
Feldkirch | Bischöfliches Diözesangericht, Hirschgraben 2, 6800 Feldkirch |
Graz-Seckau | Bischöfliches Diözesangericht, Bürgergasse 2, 8010 Graz |
Gurk-Klagenfurt | Bischöfliches Diözesangericht, Mariannengasse 2, 9020 Klagenfurt |
Innsbruck | Bischöfliches Diözesangericht, Riedgasse 9-11, 6020 Innsbruck |
Linz | Bischöfliches Diözesangericht, Herrenstraße 19, 4010 Linz |
Salzburg | Erzbischöfliches Metropolitan- und Diözesangericht, Kapitelplatz 2, 5020 Salzburg |
St. Pölten | Bischöfliches Diözesangericht, Domplatz 1, 3100 St. Pölten |
Wien | Erzbischöfliches Metropolitan- und Diözesangericht, Spiegelgasse 3/1/5, 1010 Wien |
Schweiz |
|
Basel | Bischöfliches Offizialat, Baselstraße 58, 4501 Solothurn |
Chur | Bischöfliches Offizialat, Hof 19, 7000 Chur |
St. Gallen | Bischöfliches Offizialat, Klosterhof 6b, 9001 St. Gallen |
Sitten | Bischöfliches Offizialat, 12, rue de la Tour, 1950 Sion 2 |
Liechtenstein |
|
Vaduz | Erzbischöfliches Offizialat, Fürst-Franz-Josef-Straße 112, 9490 Vaduz |
Südtirol | |
Bozen-Brixen | Bischöfliches Offizialat, Domplatz 2, 39100 Bolzano |
Luxembourg |
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Luxembourg | Erzbischöfliches Offizialat, Centre Jean XXIII, 52, rue Jules Wilhelm, 2728 Luxembourg |
Elsass | |
Strasbourg | Erzbischöfliches Offizialat, 16, rue Brûlée, 67081 Strasbourg Cedex |
Internet |
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Soweit die einzelnen Offizialate eigene Internetseiten pflegen, sind die Namen der betreffenden (Erz-)Diözesen in der obigen Tabelle entsprechend verlinkt. |
Wenn Sie wissen möchten, wie ein Ehenichtigkeitsverfahren abläuft, können Sie sich eine rein fiktive Akte eines solchen Verfahrens herunterladen und ansehen, die zu Lehrzwecken für Studierende entwickelt wurde.
Bitte beachten Sie: Alle Sachverhalte in der Akte sind frei erfunden. Etwaige Ähnlichkeiten mit realen Personen wären rein zufällig. Dennoch sind die Inhalte der Akte ein Beispiel für ein typisches Ehenichtigkeitsverfahren.
Bitte klicken Sie hier, um die Akte anzuzeigen bzw. herunterzuladen (PDF-Dokument).
Über kirchliche Ehenichtigkeitsverfahren kursieren viele Halbwahrheiten und Gerüchte, die schlichtweg falsch sind und nur dazu dienen können, Menschen, denen ein solches Verfahren eigentlich weiterhelfen könnte, abzuschrecken. Solche Ehenichtigkeitsverfahren sind nämlich nicht teuer, sind nicht nur für Prominente oder Adlige mit Beziehungen zum Papst (nebenbei gesagt ist eine Prozessführung in Rom nicht unbedingt vorteilhaft) und es geht bei ihnen auch alles mit rechten Dingen zu: Es gibt eingehende Vorschriften im kirchlichen Gesetzbuch, das für jeden, der möchte, einsehbar ist, und deren Einhaltung damit überprüfbar ist. Aus der Natur der Sache heraus kann freilich auch nur in gewissen Grenzen für solche Verfahren "geworben" werden. Eine gezielte Aufklärung möglichst weiter Personenkreise ist daher das einzig Sinnvolle. Diese Web-Seite will dazu einen bescheidenen Beitrag leisten.
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07.01.2019 .
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